Wachholder
Spirituosen mit Wacholder erfreuen sich nicht nur bei unseren niederländischen und belgischen Nachbarn traditionell großer Beliebtheit. Dort allerdings sind sie unter der geografischen Bezeichnung Genever zu einem Synonym für eine besondere Spezialität geworden, die auf eine Tradition blick, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Als Genever, Jenever oder Genièvre wird diese Spirituose mit Wacholder neben den Niederlanden und Belgien auch in den beiden französischen Départements Nord und Pas-de-Calais sowie in den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen hergestellt.
In Großbritannien hat sich Genever schließlich zu Gin weiterentwickelt, der in den letzten Jahren einen anhaltenden Boom erfährt und in verschiedenen Ländern erzeugt wird. Entsprechend haben Urgesteine wie Filliers, der führende Hersteller von Genever in Belgien, ihr Portfolio schon längst erfolgreich um einen Gin erweitert. Auch in Deutschland haben sich Spezialitäten in der Kategorie Spirituosen mit Wacholder entwickelt. Weltbekannt ist beispielsweise der Steinhäger aus der ostwestfälischen Gemeinde Steinhagen an den südlichen Ausläufern des Teutoburger Waldes.
Bei den Spirituosen der Kategorie Wacholder werden zumeist Getreidedestillate und/oder Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs mit Wacholderbeeren aromatisiert. Der Herstellungsprozess kann dann so ablaufen, dass Wacholderlutter, ein einfaches Destillat aus der Maische von Wacholderbeeren, mit einem Kornfeinbrand vermählt wird. Daran schließt ein weiterer Destillationsvorgang an. Das Mindestalkoholvolumen von Wacholder ist mit 30 Volumenprozenten Alkohol festgeschrieben und liegt damit unter dem von Genever und Gin. Ähnlich wie beim Korn hat sich allgemein die Bezeichnung Doppelwacholder für Wacholder mit einem Alkoholvolumen von 38% und mehr etabliert. Die typische Wacholderaromatik muss immer erhalten bleiben, auch wenn einem Wacholder weitere Aromen hinzugefügt werden. Eine Besonderheit ist, dass beim Wacholder neben den Beeren des Gemeinen Wacholders (Juniperus communis) auch Beeren des Stech-Wacholders (Juniperus oxicedrus) herangezogen werden können. Bei Wacholderbeeren handelt es sich eigentlich um Zapfen, die viele aromatische Harze, würzige Bitterstoffe und ätherische Öle enthalten und einen ausgewogen bitter-süßen Geschmack mit einer würzigen Note besitzen. Wacholder erfreut sich aufgrund seiner Komplexität großer Beliebtheit und wird meist pur genossen. In Verbindung mit Orangensaft und auf Eis ergibt sich ein aromatischer Longdrink.
Die lange Tradition von Wacholder äußert sich häufig in der klassischen Steingutflasche, der Kruke, wie etwa beim westfälischen Eversbusch Doppel-Wachholder. In der Kruke hält sich der Wacholder längere Zeit kühl, ein entscheidender Vorteil in Zeiten ohne Kühlschränke. Mit einer besonders urigen Form kommt die Tönnchenflasche des Machandels daher, wobei der Gemeine Wacholder im Volksmund Machandel genannte wird.